10. Januar 2019 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Seit Ende Dezember trägt Rafael Redwitz das Trikot des VfB Friedrichshafen. Vital Heynen hat sich die Dienste des erfahrenen Zuspielers gesichert, um seine junge Mannschaft noch ein Stück besser zu machen. Der Brasilianer mit französischem Pass kam von Asseco Resovia Rzeszow an den Bodensee und hat einen Vertrag bis zum Ende der Saison. Mit 38 Jahren will er nun beweisen, dass Alter „nur eine Zahl im Pass“ ist und plant mit seinem neuen Team großen sportlichen Erfolg.
„Endlich sprechen die Leute meinen Namen richtig aus. In Polen haben sie immer ‚Redwitzki‘ gesagt“, lacht Rafael Redwitz, der bei seinen Teamkollegen nur „Rafa“ heißt. Redwitz zieht sein Handy heraus und zeigt eine Karte, die sein Vater ihm geschickt hat. Zu sehen ist die Route von Friedrichshafen nach Redwitz an der Rodach, einem kleinen Ort in Oberfranken. Sein Großvater sei dort in der Nähe geboren, hat sein Vater ihm erzählt. „In Göppingen habe ich wohl auch ein paar Verwandte“, erzählt der Vater von zwei Kindern, der in Brasilien geboren und inzwischen mit einem französischen Pass ausgestattet ist. „Seit ich in Deutschland bin, beschäftige ich mich mit meinen Wurzeln. Vielleicht fahre ich mal zu meinen Verwandten. Das ist wirklich cool.“
Ahnenforschung dürfte aber in den kommenden Wochen nicht gerade Redwitz‘ Hauptbeschäftigung werden. Denn gekommen ist der Zuspieler, um Volleyball zu spielen. Vital Heynen hat sich seine Dienste gesichert, nachdem der polnische top Club Asseco Resovia Rzeszow Redwitz nahegelegt hatte, den Verein zu verlassen. „Ich war bei Resovia in einer ähnlichen Situation wie jetzt in Friedrichshafen. Ich hatte mit dem Präsidenten und dem Trainer vereinbart, dass ich mit meiner Erfahrung helfen sollte und das war ok für mich.“ Redwitz machte auch die ersten Ligaspiele in Polen. Kollege und Ex-BR-Volleys-Zuspieler Kawika Shoji hatte schließlich aufgrund der WM einen großen Teil der Vorbereitung verpasst.
Rzeszow hatte Verletzungssorgen, die Ergebnisse stimmten nicht. „Dann kamen ein neuer Präsident und ein neuer Trainer“, erzählt Rafael Redwitz. Die setzten auf Shoji als Regisseur und plötzlich war Redwitz nicht einmal mehr einer der drei in Polen auf dem Spielberichtsbogen erlaubten Ausländer, sondern musste zuschauen. „Das war keine einfache Situation, weil ich sehr überrascht war“, sagt Redwitz. „Es ging bei der Entscheidung nicht um meine Qualität als Volleyballer, sondern um den neuen Plan des Trainers. Das musste ich akzeptieren.“
Redwitz wirkt beim Erzählen dieser Geschichte aufgeräumt, aber auch ein wenig enttäuscht. Er ist nicht nachtragend, denn mit 38 Jahren weiß der Profi, dass Sport eben so funktioniert. Auch deshalb hat Vital Heynen den Brasilianer nach Friedrichshafen geholt. Weil er 38 Jahre alt ist und Erfahrung hat. Das soll seinem jungen Team helfen. Heynen habe „selten so einen körperlich fitten“ Volleyballspieler Ende 30 gesehen, sagt er. Redwitz muss darüber lachen. „Mein Alter steht in meinem Ausweis, ok. Aber ich war nie groß verletzt und hatte immer großes Glück mit den medizinischen Abteilungen in meinen Clubs“, erzählt er. „Dann kannst Du auch mit 38 noch Topleistungen bringen.“
Im Training hat er die schon gezeigt. „Er macht Jakub Janouch Druck und die Qualität des Trainings hat sich jetzt schon erhöht“, sagt Vital Heynen. Ob es jetzt ein Duell mit Janouch um den Job des ersten Zuspielers geben wird? „Nein“, sagt Rafael Redwitz. „Jakub macht seinen Job gut, er ist Nationalspieler und wir sprechen viel miteinander. Hier wird keiner die Nase vorn haben, sondern wir stacheln uns gegenseitig an, immer besser zu werden.“ So hatte Heynen sich das vorgestellt. Und vielleicht gefällt es Rafael Redwitz ja so gut im Geburtsland seines Großvaters, dass er noch eine Saison am Bodensee dran hängen möchte. „Puh, mit 39 noch Volleyball spielen? Ich weiß nicht.“ Redwitz grinst. „Nein, im Ernst – wir wollen Meister und Pokalsieger werden und in der Champions League in die nächste Runde. Über mehr denke ich im Moment gar nicht nach.“